Der St. Moritzer Daniele Sette ist im Skiweltcup angekommen.
«Im schwierigsten Teil war ich der Schnellste!», sagt Daniele Sette und die Genugtuung ist ihm anzusehen. Er, der so lang darum gekämpft hatte, in die offizielle Schweizer Skimannschaft aufgenommen zu werden, konnte im vergangenen Winter zum ersten Mal zeigen, was in ihm steckt. In Adelboden, an einem der schwierigsten Riesenslalomhänge der Welt, war er im ersten Lauf bei der Weltspitze.
Mit fünfzehn hatte der St. Moritzer entschieden, sich voll auf die Skifahrerei zu konzentrieren, das Sportgymnasium in Davos zu absolvieren und Profi zu werden. Danach musste er sich aber 12 Jahre allein durch den Skizirkus schlagen; Reisen, Trainings und Rennen selber organisieren und finanzieren. Sette war sein eigener Trainer, Servicemann und Manager. Die Aufnahme in den Kader von Swiss Ski wollte einfach nicht gelingen. «Vielleicht war ich mental noch nicht so reif wie andere in meinem Alter», resümiert er heute.
«Als dann der Anruf kam, dass ich ins B-Kader aufgenommen würde, ist eine grosse Last von mir abgefallen», erinnert sich der sympathische Riesenslalomspezialist. Ich freute mich nicht nur für mich, sondern auch für alle die, die jahrelang an mich geglaubt hatten und mich durch dick und dünn unterstützten.» Über die Jahre hatte er sich ein Netz von lokalen Sponsoren und Freunden aus der Region St. Moritz aufgebaut, die seine Karriere ermöglichten. «Vor allem meiner Familie möchte ich danken. Meine Eltern haben immer an mich geglaubt und mir nie Steine in den Weg gelegt.»
Daniele wuchs zusammen mit seinem Bruder Federico in einer sportlichen Familie auf. Vater Nino ist Tennislehrer und förderte den Ehrgeiz der beiden Brüder auf dem Sandplatz. Er weiss immer, was es braucht, um Daniele wieder auf die Spur zu bringen. «Wenn ich einmal gar nicht mehr weiterwusste, sagten meine Eltern jeweils, ich solle doch studieren. Das war aber nicht, was ich hören wollte und es spornte mich wieder an, lösungsorientiert weiter zu arbeiten.»

«Ich habe auch unendlich viel über das Leben gelernt.»

Mit der Aufnahme ins B-Kader von Swiss Ski hat sich für Daniele vieles geändert: der Verband sichert die Finanzierung der Saison, mit Servicemann und Physiotherapie ist die Betreuung besser geworden, alle Reisen, Transporte, Hotels sind organisiert und die Zusammenarbeit mit den Ausrüstern wurde professionalisiert. «Die Aufnahme in den Kader hat mir viel abgenommen. So kann ich mich auf mein Training konzentrieren.» Auch finanziell ist die Last kleiner geworden. «Corona hat viele Athleten vor die Existenzfrage gestellt. Wenn Sponsoren aussteigen müssen und Rennen gestrichen werden, führt das schnell zu finanziellen Problemen. Ohne Kaderstatus wäre es auch für mich sehr schwierig geworden, weiter zu fahren.»
Zum ersten Mal hat Daniele nun einen Servicemann, der seine Skis präpariert. «Daran musste ich mich allerdings auch erst gewöhnen», schmunzelt er. «Ich habe sehr genaue Vorstellungen davon, wie meine Präparierung aussehen muss. Dafür braucht es auch etwas Zeit.» Vor seinem Rennen in Adelboden präparierte er die Kanten seiner Skis dann kurzerhand selber – und gewann seine ersten Weltcuppunkte. «Ein ziemliches Risiko», sagt er rückblickend: «Hätte ich das Rennen verhauen, hätte man mir wohl vorgehalten, ich hätte mich besser auf meinen Job als Fahrer konzentriert.»
Die Kontrolle abzugeben, fällt Daniele nicht leicht. Einen Manager hat er bis heute nicht. «In den Jahren als Einzelkämpfer habe ich auch abseits der Piste viel gelernt und kann das jetzt anwenden. Ich bin dankbar für alles, was ich mir erkämpfen musste. Ich habe auch unendlich viel über das Leben gelernt.»
Mit 28 Jahren geht er erst in seine zweite Weltcupsaison. Hohe Ziele hat er dennoch: «Adelboden hat gezeigt, dass ich durchaus in die Spitze vorstossen kann. Wie alle anderen bin ich nicht nur zum Mitfahren dabei, sondern zum Gewinnen.»
Die Fachleute sind sich einig: Daniele hat ein riesiges Potential. Und wer ihn kennt, weiss, dass er den Willen hat, noch ganz gross herauszukommen.